Die geschwungene Massivholzplatte hat die Flut nahezu unbeschadet überstanden. Das Wasser stand damals in den alten Kaller Räumen bis zur Unterkante der Platte. Jetzt liegt sie auf Hochglanz poliert wieder auf einem weißen Untergestell mit LED-Beleuchtung und bildet die Empfangstheke, an der künftig das Kaller Team von Hörakustik Florian Langhammer seine Kunden begrüßt. Denn am Freitag, 10. Februar, wird ab 14 Uhr Neueröffnung in der Aachener Straße 5 gefeiert.
Jungunternehmer Florian Langhammer hatte eigentlich schon Anfang 2021 in Kall so richtig durchgestartet. Mit viel Eigenleistung und tatkräftiger Unterstützung von Verwandten und Freunden hatte der heute 27-Jährige sein erstes eigenes Ladenlokal in der Aachener Straße 3 hergerichtet. „Nur wenige Monate später kam die Flut und alles war zerstört“, so Langhammer, der 2015 in Mechernich seine Ausbildung zum Hörakustiker begonnen hatte.
Laptop im Auto, Daten in der Cloud
Doch wie motiviert man sich nach solch einem Rückschlag, weiter zu machen? „Eigentlich gar nicht“, ist die spontane Antwort des gebürtigen Mechernichers. Doch es musste ja irgendwie weitergehen. Zum Glück hatte ein Laptop im Auto gelegen und die Flut überstanden. Alle Daten hatte der technikaffine Unternehmer ohnehin in einem Cloud-Dienst gespeichert. So konnte er kurzerhand weitermachen, als sich wenige Wochen nach der Flut die Gelegenheit bot, in der Mechernicher Bahnstraße ein Ladenlokal anzumieten. „Mit dem Laptop und einer Bierzeltgarnitur haben wir dort angefangen“, berichtet Florian Langhammer und muss Lächeln beim Gedanken an diese Zeit.
Inzwischen ist die Mechernicher Filiale wunderschön hergerichtet und läuft, doch der Hörakustiker wollte auch wieder zurück zu seinen Kunden in Kall. Dort hatte das inzwischen neunköpfige Team übergangsweise in einem Container weitergemacht. Doch jetzt steht die Neueröffnung in den hellen und lichtdurchfluteten Räumen in der Aachener Straße 5 kurz bevor.
In Lübeck den Meister gemacht
Dort ebenso wie in Mechernich setzt Florian Langhammer auf modernste Technik. Das war auch sein ureigenster Antrieb, sich selbstständig zu machen. „Denn die Branche arbeitet oft noch sehr traditionell“, so der Unternehmer, der in Lübeck in einem einjährigen Vollzeitkurs seinen Meister gemacht hatte und dort zum ersten Mal mit modernen Methoden in Berührung kam.
Inzwischen möchte er seinen 3D-Drucker nicht mehr missen, den insbesondere seine Frau Elena bedient, die in der Corona-Zeit mit in den Betrieb eingestiegen ist. Mit dem Drucker können Hörgeräte, Gehör- oder Schwimmschutz in kürzester Zeit für die Kunden maßgefertigt werden. Als begeisterter Autoschrauber, der in seinem Beruf Technikaffinität und medizinische Vorprägung vereint, hat er einen sehr plastischen Vergleich. „Wer ein Auto mit 300 PS fährt, setzt nicht auf Schubkarrenreifen, sonst kommt die Leistung nicht auf die Straße. Genauso ist es mit den Hörgeräten. Die brauchen auch ein maßgeschneidertes Ohrpassstück, damit die volle Leistung im Ohr ankommt“, so Langhammer.
Daher setzen er und sein Team nicht nur auf den 3D-Druck, sondern neben der herkömmlichen Abdruckmethode mit Silikon auch auf einen besonderen Laserscanner, der das Ohr noch tiefer erfassen und vermessen kann. Mit den gewonnenen Daten kann dann der 3D-Drucker „gefüttert“ werden. So ist es den Hörakustikern möglich, die Ohrpassstücke in kürzester Zeit herzustellen, ohne lange Wege zu externen Laboren und somit Wartezeiten für die Kunden in Kauf nehmen zu müssen.
„Deutschlandweit einzigartig“
Mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) sind sogar Maßanfertigung für das Ohr innerhalb von 90 Sekunden möglich. „Dafür arbeiten wir mit einem australischen Unternehmen zusammen und trainieren die KI auch mit unseren Daten aus Mechernich und Kall, damit sie immer besser wird“, erläutert der Hörakustik-Meister. Diese Technik nutze bisher noch kein anderer inhabergeführter Hörakustikbetrieb deutschlandweit und auch das zeige, was sich in den zurückliegenden Jahren in diesem Handwerk alles getan habe.
Plastisch dargestellt werden soll das im Flur der neuen Filiale in Kall. Am Tag der Neueröffnung wird der Mechernicher Malermeister Manuel Klinkhammer mit einem Roboter einen Zeitstrahl der Hörsysteme – vom Hörrohr bis zu moderner Im-Ohr-Technik – auf die Wand drucken. Zudem wird es ab 14 Uhr ein buntes Programm geben mit Expertenvorträgen, Hausmesse, Glücksrad und Eröffnungsparty. All das geschieht rund um die Empfangstheke, zu der es noch eine kuriose Geschichte zu erzählen gibt.
Denn auf der Suche nach einem Schreiner ist Florian Langhammer im niedersächsischen Lähden fündig geworden. Dort gab es nicht nur Thekensysteme auf Lager, die zeitnah nach der Flut in Mechernich aufgebaut werden konnten, sondern es stellte sich auch heraus, dass ein Schreiner Verwandtschaft in Kall hat und dort kurz nach der Flut geholfen hatte. Die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Lähden und Kall sollte sich schließlich fortsetzen. „Für die Theke in Kall habe ich den Umriss der Massivholzplatte auf mehreren zusammengeklebten Blättern Papier abgezeichnet und nach Lähden geschickt“, erzählt Florian Langhammer. Aus dieser Zeichnung entstand dort dann der Unterbau und sorgt im passgenauen Zusammenspiel mit der geretteten Massivholzplatte dafür, dass sich mit der Neueröffnung in Kall für Florian Langhammer und sein Team ein Kreis schließt.
Die Kaller Filiale von Hörakustik Florian Langhammer in der Aachener Str. 5 ist montags bis freitags von 9 bis 13 Uhr und von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Die Hörakustiker sind per Mail erreichbar unter info@hoerakustik-langhammer.de oder telefonisch unter 02441 7948010. Alle Infos zur Neueröffnung sind auch auf der Internetseite zu finden: www.hoerakustik-langhammer.de