Als Reaktion auf zahlreiche Rückmeldungen aus der Stadtgesellschaft hat die Stadt Aachen das Integrierte Konzept für Attraktivität und Sicherheit (IKAS) entwickelt. Dieses beschloss der Rat der Stadt Aachen vor einem Jahr, am 9. Oktober 2024. Grundlage ist das sogenannte Kleeblatt-Modell mit vier Handlungsfeldern: ordnungspolitische Maßnahmen, Maßnahmen im öffentlichen Raum, Kommunikation und Sensibilisierung sowie sozialpolitische Maßnahmen. Zu letzteren gehört das neue städtische Team der Straßensozialarbeit. Das Konzept wird kontinuierlich weiterentwickelt und den aktuellen Bedarfen angepasst.
Ansprechbar und sichtbar sein
Seit Mitte August ist das Team operativ tätig und mit regelmäßigen Streetworkrunden in der Innenstadt präsent. Die Streetworker*innen knüpfen erste Kontakte, begleiten Menschen in herausfordernden Lebenssituationen und stehen als Ansprechpersonen für die Stadtgesellschaft zur Verfügung. Die Ziele des neu geschaffenen Teams im Fachbereich Wohnen, Soziales und Integration formuliert Thomas Hissel, Beigeordneter für Wohnen, Soziales und Wirtschaft, bei einem gemeinsamen Pressetermin so: „Wir wollen ansprechbar, hilfsbereit und sichtbar sein – sowohl für die allgemeine Stadtgesellschaft als auch für die Betroffenen. Deshalb haben wir uns auch für eine einheitliche Arbeitskleidung entschieden.“ Die Streetworker*innen sind an ihren schwarzen Jacken mit gelben Buttons zu erkennen. „Die Straßensozialarbeit ist ein zentrales Teilprojekt des IKAS, das die zunehmende Problemlage rund um eine wachsende Drogenszene, steigende Obdachlosigkeit und Bettelei in den Blick nimmt“, führt Hissel weiter aus. Dabei müsse aber der einzelne Mensch im Zentrum stehen, der oft durch Schicksalsschläge wie Krankheit, Trennung oder Arbeitsverlust in eine Notlage geraten ist. Die Zielgruppe ist dabei klar definiert: Straßensozialarbeit richtet sich an volljährige Menschen, die von Wohnungslosigkeit, Obdachlosigkeit, Suchtmittelabhängigkeit, psychischen Erkrankungen und/oder anderen sozialen Benachteiligungen betroffen sind.
229 aufsuchende Gespräche in zwei Monaten
Die Straßensozialarbeiter*innen sind montags bis freitags jeweils drei bis fünf Stunden zu zweit auf den Straßen, insbesondere in der Innenstadt, unterwegs. Zu ihrer Arbeit gehören aber auch Beratungsgespräche in den Büroräumen im Verwaltungsgebäude Bahnhofsplatz an der Hackländerstraße oder die Begleitung von Betroffenen zu Behörden- oder Arztterminen. In ihrer nun zweimonatigen Arbeit können die Straßensozialarbeiter*innen Janine Alvarez Leal und Christoph Casper beeindruckende Ergebnisse aufweisen: Sie führten bereits 229 aufsuchende Gespräche, nahmen 32 Beratungen und zwölf Begleitungen vor. Teamleiterin Jannika Masloh rückt die methodischen Grundsätze der Straßensozialarbeit – Freiwilligkeit, Niedrigschwelligkeit, Beziehungsarbeit, Partizipation und Transparenz – in den Fokus. „Wir sagen: Die Person ist selbst Experte oder Expertin für das eigene Leben. Wir sind keine Durchsetzungsinstanz, sondern arbeiten für sozialpädagogische Prävention und Intervention.“
Sechs zentrale Handlungsfelder
Insgesamt umfasst die städtische Straßensozialarbeit sechs zentrale Handlungsfelder: aufsuchende Straßensozialarbeit auf der Straße, Beratung und Vermittlung, das Fallmanagement, das die langfristige, koordinierte Unterstützung von Betroffenen umfasst, die Begleitung von Terminen, Netzwerkarbeit und die Ansprechmöglichkeit für die allgemeine Stadtgesellschaft.
Die städtische Straßensozialarbeit ist nur eine Ergänzung der schon bestehenden Angebote. Deshalb ist es wichtig, Doppelstrukturen zu vermeiden. Daher finden beispielsweise wöchentliche Abstimmungsrunden mit der Straßensozialarbeit des Café Plattform statt. Ebenso arbeitet man mit „Housing First“ des WABe e. V. oder mit der Caritas Suchthilfe zusammen. Wenn es entsprechende Hinweise aus der Bevölkerung gibt, suchen die Straßensozialarbeiter*innen auch Außenbezirke auf.
Vertrauen aufbauen
Streetworker Christoph Casper erklärt, worauf es bei der täglichen Arbeit ankommt: „Der Fokus liegt aktuell darauf, erste Kontakte zur Zielgruppe herzustellen, Vertrauen aufzubauen und unmittelbare Unterstützung anzubieten. Wir bemerken bereits jetzt eine gute Annahme unserer Arbeit innerhalb der Zielgruppe.“ Dass jegliche Unterstützung bei direkter Ansprache komplett abgeblockt wird, passiere sehr selten, müsse aber auch akzeptiert werden. Wöchentliche, offene Sprechstunden in Büroräumen runden das niedrigschwellige Angebot ab.
Das Team der Straßensozialarbeit steht Anwohnenden, Geschäftsinhaber*innen, Bürger*innen und Besucher*innen der Stadt Aachen bei Fragen oder Anliegen zu sozialen Problemlagen im öffentlichen Raum als Ansprechperson unter 0241 432-56010 oder unter strassensozialarbeit@mail.aachen.de zur Verfügung.