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Mo.. 29 Sep.. 2025
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Letzte Vorbereitungen für das „Winterdienstabenteuer“

Im Rahmen von Testfahrten fahren Winterdienstfahrzeuge schon jetzt durch die Stadt

„Das ist wirklich ein Abenteuer.“ Wenn Uwe Pabst von Winterdiensteinsätzen spricht, von Morgen, die um 3 Uhr beginnen, von frisch gefallenem Schnee, von dieser speziellen Ruhe, die dann über der Stadt liegt, entsteht der Eindruck, einem leidenschaftlichen Fahrer gegenüber zu sitzen. Er mag es, nachts in Aachen unterwegs zu sein. Seit 13 Jahren fährt Uwe Pabst mit dem Schneepflug-LKW Einsätze und freut sich auf die anstehende Winterdienstsaison. 

Seit Wochen rüsten Mitarbeitende des Aachener Stadtbetriebs die Winterdienstfahrzeuge auf, kontrollieren Schneepflüge, Streu-LKW, Geräteträger, Schlepper und Kleinfahrzeuge. Es werden Fahrzeuge umgebaut, die im Sommer für das Gießen der Stadtbäume genutzt werden, Kehrmaschinen bekommen einen Streusalzaufsatz. Alles muss einsatzbereit sein, wenn die ersten Kontrollfahrten notwendig werden und möglicherweise im Anschluss der Volleinsatz ausgerufen wird. Die Winterdienstsaison beginnt am 1. November. 

Doch nicht nur die Fahrzeuge müssen fit sein. „Auch unsere Fahrer*innen erhalten eine Auffrischung ihrer Kenntnisse“, sagt Uwe Pabst. Er übernimmt diese Schulungen seit einigen Jahren freiwillig. „Wir legen den Fokus auf unser Personal. Jemand, der sich sicher im Fahrzeug fühlt, ist damit wesentlich ruhiger im Straßenverkehr unterwegs und kann souverän in den unterschiedlichen Situationen reagieren.“ Gerne gibt er Tipps, teilt seine jahrelange Erfahrung. Die bis zu 14 Tonnen schweren Fahrzeuge durch Anwohnerstraßen zu manövrieren oder im Berufsverkehr auf Verkehrsadern zu lenken, bedarf vor allem eines: Ruhe. „Der Winterdienst lebt davon. Es darf keinen Stress geben, keine Unruhe. Das gibt nur Probleme.“ 

Und so werden die Wochen vor dem Beginn der offiziellen Winterdienstsaison intensiv für Testfahrten, die Auffrischung der Fahrsicherheit und die Bedienung der Technik genutzt. Winterdienstfahrzeuge auf Aachens Straßen in diesen Wochen sind also keine Seltenheit.

Fragen stellen, die unterschiedlichen Fahrzeuge kennenlernen, Abläufe verinnerlichen – das gilt für routinierte Fahrer*innen ebenso wie für neue Kolleg*innen. „Sie müssen langsam herangeführt werden“, betont Uwe Pabst, „man muss das Wetter lesen können. Es ist jedes Jahr ein Abenteuer.“ Sagt er wieder und lächelt dabei. 

Topographische Unterschiede in der Stadt

Außerhalb des Winterdienstes ist Uwe Pabst Kehrmaschinenfahrer, kennt das gesamte Stadtgebiet und die verschiedenen topografischen Herausforderungen genau. „Brücken sind oft neuralgische Punkte.“ Hinzu komme, dass die Witterungsverhältnisse innerhalb der Stadt sehr unterschiedlich sind. „Wir haben teilweise Temperaturabweichungen von fünf Grad. Da kann es passieren, dass auf der Lütticher Straße nichts ist, wir in Laurensberg aber schon streuen müssen.“ 

Um die Situation im Stadtgebiet besser einschätzen zu können, werden Kontrollfahrten unternommen. Dabei melden die Fahrer*innen der Einsatzleitung, die in der Disposition am Madrider Ring den Einsatz koordiniert, welche Witterungsverhältnisse sie vorfinden. Darauf basierend fällt die Entscheidung, ob ein Volleinsatz ausgerufen werden muss. 

300 Mitarbeiter*innen werden im Volleinsatz benötigt

„Wir sind mit unserem Winterdienstteam sehr gut aufgestellt“, sagt Winterdienstleiter Dieter Bohn. Das bedeutet konkret, dass bei einem Volleinsatz rund 300 Mitarbeiter*innen des maschinellen und manuellen Winterdienstes des Aachener Stadtbetriebs im Zweischichtbetrieb gefordert sind, und im gesamten Aachener Stadtgebiet für die Verkehrssicherheit sorgen. 

Der Winterdienst ist in drei Dringlichkeitsstufen unterteilt. In Stufe eins gilt es, Hauptverkehrs- und Durchgangsstraßen sowie Zufahrtstraßen zu Krankenhäusern, Schulen und Feuerwachen frei und befahrbar zu halten. Zur Dringlichkeitsstufe zwei zählen vornehmlich Verbindungs- und Wohnsammelstraßen. In der Dringlichkeitsstufe drei liegen reine Wohn- und Anliegerstraßen mit einer Streustrecke von rund 420 Kilometern. Auch auf den Radwegen übernimmt der Stadtbetrieb die Winterdienstpflicht, insgesamt 115 Kilometer in den Dringlichkeitsstufen eins und zwei. 

„Radwege haben bei uns eine hohe Priorität, daher setzen wir dort die neueste Technik ein“, sagt Dieter Bohn, „nämlich die sogenannten FS-100.“ Die neu angeschafften Fahrzeuge, die ausschließlich Feuchtsalz ausbringen, werden vorerst auf Radwegen eingesetzt. „Das Feuchtsalz hat den Vorteil, dass die Wirkung sofort eintritt. Es wirkt schneller und kann auch präventiv eingesetzt werden.“ Das bisher übliche Mischverhältnis sieht eine Kombination von 70 Prozent Trockenstoff und 30 Prozent Feuchtsalz vor. Dabei wird das Trockensalz mit Sole benetzt, kurz bevor es auf die Straße kommt. „Wenn es darum geht, vorbeugend zu streuen, also beispielsweise gefrierende Nässe zu verhindern, ist die FS-100-Technik eine gute Methode. Allerdings kann das Feuchtsalz wegen des hohen Wasseranteils nur bei Temperaturen bis zu minus sechs Grad eingesetzt werden. Wir müssen noch unsere Erfahrungen sammeln, ob diese Technik künftig all unsere Belange abdeckt. Wenn es sich bewährt, überlegen wir, ob wir es auf die Großfahrzeuge ausweiten.“ So die Einschätzung des Winterdienstprofis. 

Routine, Ruhe und Rücksicht

Aktuell sind 1.000 Tonnen Streusalz in der Halle am Madrider Ring eingelagert, hinzu kommen 150 Tonnen Granulat und 35.000 Liter Feuchtsalz. Damit werden die Fahrzeuge, je nach Notwendigkeit, bei den Einsätzen beladen. Ein Mitarbeiter ist dabei immer am Salzlager, befüllt mit dem Radlader die Fahrzeuge oder bedient das Silo. „Alle Rädchen müssen ineinandergreifen, damit im Einsatzfall alles reibungslos läuft“, sagt Dieter Bohn. Auch hier sind Routine und Ruhe die Schlüssel zu einem guten und erfolgreichen Miteinander. 

„Es sind eben viele Faktoren, die bei einem Einsatz auf einen einprasseln“, sagt Uwe Pabst. Dazu gehören auch die anderen Verkehrsteilnehmer*innen. „Meine Erfahrung ist, dass sie, sobald Niederschlag eintritt, Rücksicht auf uns nehmen. Dann sind alle sehr glücklich, wenn wir kommen.“ Über Spiegel und Kameras behalten die Fahrer*innen dann einen guten Überblick über die großen Fahrzeuge; „das Schild lässt sich zum Beispiel ohne die Kamera gar nicht ganz überblicken“, erklärt Uwe Pabst. „Auch deshalb sind die Testfahrten wichtig, damit die Fahrer*innen routiniert und sicher unterwegs sein können.“ Wohnstraßen, durch Einbahnstraßen, vorbei an Mittelinseln und parkenden Fahrzeugen – die Gegebenheiten sind überall anders und die Fahrer*innen müssen individuell reagieren. „Ja, das ist manchmal kräftezehrend“, räumt Uwe Pabst ein. „Wir müssen immer fokussiert sein. Aber es macht Spaß.“ Er fühlt sich und seine Kolleg*innen gut vorbereitet – für den nächsten Winter und das damit verbundene Abenteuer.


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