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In den Sarg und unter den „Dürpel“

Krautwischtag im Freilichtmuseum Kommern am 15. August mit Segnung und kleinem Gottesdienst vor dem Schützendorfer Kapellchen

Mechernich-Kommern – Am 15. August, an dem die katholische Kirche mit „Mariä Himmelfahrt“ eines ihrer höchsten Feste begeht, lädt das Rheinische Freilichtmuseum in Kommern zur Teilnahme am traditionellen Kräutersegen um 11 Uhr vor dem Schützendorfer Kapellchen (Baugruppe Eifel).

Hauswirtschafterinnen des Museums sammeln in den Tagen zuvor Heilkräuter und Getreidehalme, die zu kunstvollen Sträußen gebunden werdem, so genannten „Krautwischen“ (rheinisch „Krockwösch“). Seit dem Mittelalter werden sie an Mariä Himmelfahrt in den Kirchen gesegnet, im Freilichtmuseum von dem Mechernicher Diakon Manfred Lang.

Auch Besucherinnen und Besucher können kleine gesegnete Krautwisch-Sträuße mit nach Hause nehmen. Sie gelten als Hausschutz, Hilfe bei bestimmten Beschwerden und sind schön anzusehen. Gerne geben die Hauswirtschafterinnen Auskunft über die Zusammensetzung der Sträuße und über die Bedeutung des Krautwischbrauchs in der Region.

„Böndeknöpp“ und „Biber“

Je nach Region enthalten die Sträuße sieben bis 99 verschiedene Kräuter. Am häufigsten werden Johanniskraut (Blitzkraut), Schafgarbe, Wermut, Wiesenknopf („Böndeknöpp“), Rainfarn („Wurmkrock“), Weidenröschen („Dondekrock“), Beifuß („Biber“), Sauerampfer („Suurampes“), Spitzwegerich und Dost.

Aus dem Garten können Rosmarin, Liebstöckel, Borretsch, Salbei, Bohnenkraut und Lavendel genommen werden. Die Königskerze verleiht dem Strauß ein besonders prachtvolles Aussehen. In Kommern gehören neben Rainfarn, wildem Oregano, Johanneskraut, Weidenröschen und Großem Wiesenkopf auch die vier Haupt-Getreidearten Roggen, Gerste, Weizen und Hafer dazu.

Krautwisch fehlt in keinem Haushalt

Früher fehlte der Krautwisch in keinem Haushalt. Er sollte Menschen und Vieh vor Krankheit, Feuer und sonstigem Unglück schützen. Mit dem Einbinden von Getreide wird der Segen für eine gute Ernte erbeten. Im Frühjahr räucherte man Wohnhaus und Ställe mit dem Krautwisch aus. Der Krautwisch war nicht nur Haussegen, sondern auch ein langlebiger Hausschmuck. Er wird das Jahr über sorgfältig in einem Zimmer des oberen Stockwerks oder auf dem Dachboden aufbewahrt. Er galt auch als Schutz gegen Unwetter. So verbrannte man bei Gewittern einige Zweige im Herdfeuer, damit das Haus vor Blitzeinschlag geschützt werde.

Die Heilkräuter des Straußes werden bei Krankheiten von Mensch oder Vieh als Heiltrank verabreicht oder unter das Futter gemischt. Beim Tod eines Familienmitgliedes wurde früher ein Zweig mit in den Sarg gegeben. Gelegentlich wurden die gelben Blumen des Straußes dem Toten auch in die Hand gelegt.

Auch der „Krockwösch“ des Vorjahres wurde nicht einfach weggeworfen, sondern dem Feuer überantwortet. Beim Neubau eines Hauses legte man geweihte Kräuter unter die Türschwelle. Dies sollte Unglück vom Haus und seinen Bewohnern fernhalten.

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